Ein halbes Jahrhundert lang haben sich Science-fiction-Schreiber
ausgemalt, dass man im Weltall auf Abkürzungswegen unvorstellbar große
Entfernungen in kurzer Zeit zurücklegen könnte. Jetzt haben
Astrophysiker Kip Thorne und seine Mitarbeiter am California Institute
of Technology entdeckt, dass eine solche »Zeitreise« durch das Weltall
zumindest in der Theorie durchaus möglich ist.
Der weltbekannte Physiker und Wissenschaftsautor Professor Paul
Davies beschreibt hier, wie eine solche Reise gelingen könnte - und
führt in diesem Bericht zugleich einige der allerneuesten physikalischen
Konzepte vor Augen.
Wer an den englischen Schriftsteller H.G. Wells denkt, dem fällt
wahrscheinlich sofort einer seiner berühmtesten Romane ein, erschienen
im Jahr 1896: »Die Zeitmaschine«. Darin wird von einem Mann erzählt, der
in die fernste Vergangenheit und Zukunft Ausflüge unternimmt, um die
Geschichte und das Schicksal des Planeten Erde herauszufinden. Seit
dieser Roman erschien, ist die Möglichkeit von Zeitreisen zum Evergreen
der Science-fiction-Literatur geworden. In Großbritannien läuft seit
beinahe ewigen Zeiten eine Fernsehserie namens »Dr. Who«. Die Titelfigur
ist ein »Herr über die Zeit«. In der Zeitmaschine Tardis kann der
Doktor nach Belieben in die Vergangenheit oder die Zukunft reisen, was
er nicht selten in Begleitung einer attraktiven jungen Dame tut. Doch so
populär die Zeitreise in der Unterhaltungsliteratur geworden ist -
unter den Wissenschaftlern gab es bis vor kurzem nicht viele, die darin
etwas Ernsthaftes sahen, etwas Wichtiges, etwas Realisierbares. Schon
H.G. Wells hatte ja wenig detailliert über die physikalischen Prinzipien
gesprochen, nach denen seine Zeitmaschine funktionieren sollte, wenn er
auch immerhin - schon vor dem Mathematiker Hermann Minkowski - die Zeit
als vierte Dimension behandelte. Als Albert Einstein 1905 seine
Spezielle Relativitätstheorie publizierte (P.M. hat zum Thema
Relativität in diesem Jahr eine siebenteilige Serie veröffentlicht),
lieferte er einen ersten Hinweis, wie Zeitreisen verwirklicht werden
könnten.
Kern der Relativitätstheorie ist ja die Aussage, daß die Zeit nicht
absolut und universell ist, sondern »relativ« - abhängig vom
Bewegungszustand des Beobachters. Das aber hat eine schwerwiegende
Konsequenz: Zwei Beobachter, die sich in verschiedenen
Bewegungszuständen befinden, werden zwischen zwei Ereignissen, die sie
beide beobachten, unterschiedliche Zeitabstände feststellen.
Ich brauche hier nicht mehr auf das berühmte Zwillingsparadox
einzugehen - in der erwähnten P.M.-Serie wurde es ja ausführlich
behandelt. Hier nur soviel: Unternimmt ein Zwilling eine
Weltraumexpedition, bei der er der Lichtgeschwindigkeit sehr nahekommt,
dann werden für ihn im Raumschiff die Jahre immer länger und die Jahre,
die auf der Erde vergehen, immer kürzer. Deshalb gibt es im Prinzip
keinen Grund, warum ein solcher Astronaut nicht nach wenigen Jahren
Reisedauer auf eine Erde zurückkehren könnte, auf der Tausende oder
sogar Millionen Jahre vergangen sind.
Die Relativität macht also die eine Art von Zeitreise möglich - die
Reise in die Zukunft. Und hier handelt es sich auch nicht mehr um eine
bloße Möglichkeit. Atomuhren an Bord von Flugzeugen und Raumschiffen
haben die winzigen Zeitdehnungen gemessen, die sich schon bei den
vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten dieser Maschinen ergeben.
Subatomare Teilchen nähern sich häufig der Lichtgeschwindigkeit und sind
dann starken Zeitverzerrungen unterworfen. Das hat zur Folge, daß sie
während ihrer extrem kurzen Lebensdauer viel größere Entfernungen
zurücklegen können, als es eigentlich der Fall sein dürfte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen