Wie
kann eine riesige galaktische Staubwolke verschwinden – und das
auch noch innerhalb eines Jahres? Dieses Rätsel gibt US-Astronomen
derzeit der junge Stern TYC 8241 2652 auf, dessen riesiger Staubkranz
sich "in Luft" auflöste. „Es ist ein bisschen so, als
würde der Ring um den Saturn verschwinden“, sagte der US-Physiker
Benjamin Zuckerman über die Studie, die im Fachmagazin „Nature“
erschien. Die Forscher überlegen nun, ob die Entstehung junger
Galaxien doch anders verläuft, als bislang gedacht.
„Es erinnert ein wenig an einen Zaubertrick. Mal ist etwas da –
dann plötzlich weg“, sagte der Astronom Carl Melis, der das
Phänomen studiert hat. „Nur sprechen wir hier über genug Staub,
um das Innere einer Galaxie zu füllen, und er ist tatsächlich
verschwunden!“, zitiert die Nasa den Wissenschaftler auf der
Website der Raumfahrtbehörde.
Wäre sie in unserem Sonnensystem
gewesen, ergänzte sein Kollege Zuckerman, hätte die Staub-Scheibe
um den Stern die halbe Fläche von unserer Sonne bis zur Erde
eingenommen, fast bis zum Merkur. Der betroffene Stern TYC 8241 2652
ist laut den Forschern, die für die University of California und die
Nasa arbeiten, mit einem geschätzten Alter von zehn Millionen Jahren
ein galaktischer Novize. Unserer Sonne ähnlich, liegt der Jungstern
450 Lichtjahre entfernt von unserer Erde in Richtung des Sternbilds
Zentaur.Vor wenigen Jahren sah es noch ganz so aus, als würde sich
um die junge Sonne ein Planetensystem entwickeln. „Da hat sich so
viel Staub im Orbit bewegt, dass es sehr wahrscheinlich war, dass
sich dort Planeten formen“, sagte Zuckerman. Entstanden war der
Staubkranz ursprünglich wohl durch eine gewaltige Kollision in dem
System. Entdeckt wurde der Stern im Jahr 1983 durch Infrarot –
damals hatte er die Staubwolke noch. Rund 25 Jahre konnte das
Leuchten der Wolke über das Infrarot unverändert beobachtet werden.
Wie auch die Erde, absorbiert warmer Staub die Energie von
Sonnenlicht und spiegelt sie als Infrarotstrahlung wider. Im Jahr
2009 fing die Strahlung an, schwächer zu werden. Im Jahr darauf war
der Prozess weit fortgeschritten. Die jüngste Aufnahme des Gemini-
Teleskops in Chile von diesem Jahr bestätigte dann das rätselhafte
Phänomen: Die Staubwolke war nahezu komplett verschwunden. Auch in
unserem Sonnensystem gibt es große Staubwolken, etwa den
Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. „Astronomen haben
schon hunderte von Sternen aufgrund ihrer Staubwolke untersucht, aber
derartiges wurde noch nie gesehen“, wundert sich Zuckerman. „Das
alles passierte nach menschlichen Maßstäben unglaublich schnell,
aber erst recht nach astronomischen. Zuerst dachte ich, mit unseren
Untersuchungen müsste auf seltsame Art und Weise etwas nicht
stimmen.“ Die Wissenschaftler räumen ein, dass sie zwar einige
Theorien zu dem Phänomen hätten, aber keine davon wirklich zwingend
sei. „Der Prozess schien unabhängig von dem Stern selbst zu sein,
es gibt keine Hinweise darauf, dass eine Riesenflamme oder irgendeine
andere Form der Gewalteinwirkung den Kranz vernichtete.“ Eine
Möglichkeit ist, dass Gas bei der ersten Kollision entstanden ist
das nun den Staub in die Sonne gezogen hat. Oder große,
freischwebende Gesteinsbrocken haben weitere Staubpartikel
freigesetzt, die mit den bereits vorhandenen kollidierten und die
einzelnen Bestandteile immer kleiner werden liessen. Die
Wissenschaftler überlegen jetzt, ob nicht der gesamte Prozess der
Entstehung von Planetensytemen überdacht werden muss. Gerade
zufällig entdeckte Vorgänge wie dieses können sicher geglaubte
Denkweisen infrage stellen. „Wir können uns glücklich schätzen,
dass wir dieses Phänomen miterleben durften“, sagte Zuckerman.
„Solche Events könnten häufig sein – ohne dass wir davon
wüssten.“
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