Schiffe,
die ohne Besatzung übers Meer treiben, Flugzeuge, die spurlos
verschwinden: Das Meer zwischen Florida, Puerto Rico und den Bermudas
ist berüchtigt. Kommt es im Bermuda-Dreieck aber tatsächlich zu so
vielen seltsamen Unfällen? Und wenn ja, warum? Der
unheimliche Ruf des Bermuda-Dreiecks kommt nicht von ungefähr:
Zahllose Menschen sind in den letzten Jahrzehnten in dieser
geheimnisumwobenen Meeresregion verschollen. Selbst ganze Schiffe und
Flugzeuge verschwanden für immer. Wissenschaftler allerdings wollen
sich nicht mit Gerüchten über dunkle Mächte, die hier ihr Unwesen
treiben, Seeungeheuer oder gar Außerirdische zufriedengeben: Nach
langjähriger Forschungsarbeit und mit Hilfe moderner
Satellitentechnik glauben sie, den mysteriösen Ereignissen auf die
Spur gekommen zu sein.
An einem sonnigen Wintertag im Jahr
1970 fliegt der amerikanische Hobbypilot Bruce Gernon von den Bahamas
zurück nach Florida. Als er mit seiner Maschine höher steigt,
taucht plötzlich eine zigarrenförmige Wolke auf. Gernon versucht,
ihr zu entkommen, doch je höher er steigt, desto größer wird sie.
Erst in 3.500 Metern Höhe kann er die Wolke hinter sich lassen.
Einige Sekunden später versperren ihm riesige Gewitterwolken die
Sicht, ein Ausweichen ist fast unmöglich. Vor ihm verbinden sich
zwei Wolken miteinander und formen einen Tunnel. Gernon sieht keinen
anderen Ausweg als durch diesen Tunnel hindurch zu fliegen. Doch dort
drehen sich die Wolken wie ein Karussell und bringen die Maschine vom
Kurs ab. Auch die Messinstrumente spielen verrückt: Der Kompass
dreht durch, der Fluglagenanzeiger zeigt eine Kurve an, obwohl Gernon
geradeausfliegt. Als der Pilot endlich wieder Land sieht, ist er über
Miami, circa sechzig Kilometer ab vom Kurs – aber er hat überlebt
Weniger Glück haben die Piloten von
„Flight 19“ am 5. Dezember 1945: Bei guter Wetterlage überqueren
sie mit fünf amerikanischen Militärflugzeugen das Bermuda-Dreieck –
und verschwinden für immer spurlos. Auch das kurz darauf entsandte
Aufklärungsflugzeug der US-Regierung bleibt verschollen. Selbst
Wrackteile werden nie gefunden. Jahre später rekonstruieren
Wissenschaftler anhand der letzten aufgezeichneten Funkkontakte die
Flugroute des Geschwaders: Offenbar hatten Piloten vollkommen die
Orientierung verloren. „Flight 19“ ging als wohl berühmteste
Katastrophe in die Geschichte des Bermuda-Dreiecks ein.
Lange Zeit vermutete man, dass eine
magnetische Anomalie Ursache für die vielen Unfälle sei. Im
Bermuda-Dreieck, das erklärte unter anderem die U.S. Navy, ist auf
die Anzeige der Kompassnadel kein Verlass mehr: Statt wie normal in
Richtung des magnetischen Nordpols zu zeigen, richtet sich die Nadel
auf den geografischen Nordpol aus. Der Grund sind
Konvektionsströmungen im Erdinneren, die hier besonders stark
ausgeprägt sind. Piloten und Kapitäne können dadurch die
Orientierung verlieren und vom Kurs ab kommen. Nur in zwei Gebieten
der Welt ist dieses Phänomen besonders stark ausgeprägt: im
Japanischen Teufelsmeer und im Bermuda-Dreieck. Allerdings sind diese
Anomalien jedem Piloten bekannt – und sie können auch nicht für
alle Geschehnisse im Bermuda-Dreieck eine Erklärung liefern. Deshalb
kam Forscher im Jahr 1984 eine andere Idee: So genannte Monsterwellen
– „Freak Waves“ – könnten für die Unfälle verantwortlich
sein. Denn: Wenn die Strömung des Golfstroms, der entlang der
amerikanischen Küste von Süden nach Norden fließt, auf
Sturmfronten trifft, die in entgegengesetzter Richtung strömen,
entstehen auf der Rückseite des Sturms riesige Wellen. Die
Wassermassen prallen dann so heftig aufeinander, dass sich die Freak
Waves meterhoch auftürmen. Doch im Bermuda-Dreieck verschwanden
Schiffe nicht nur bei Stürmen – auch bei guter Wetterlage und
ruhiger See schienen sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.
Also wurde eine dritte Theorie verfolgt. Am Grund des Meeres im
Bermuda-Dreieck gibt es große Methanvorkommen. Methan bildet sich
aus Überresten von Tieren und Pflanzen, die sich im Laufe von
Jahrtausenden angesammelt haben. Durch Bewegungen der Erdkruste
können die festen Methankugeln wieder in den gasförmigen Zustand
übergehen und an die Wasseroberfläche aufsteigen – so genannte
„Blow-Outs“. Die Folge: Die Wasserdichte nimmt ab, Schiffe
verlieren ihren Auftrieb und sinken. Dass niemals Wrackteile gefunden
wurden, lässt sich durch den Golfstrom erklären: Er dürfte die
Überreste von Schiffen oder Flugzeugen innerhalb kürzester Zeit in
den offenen Atlantik gespült habe. Eine Frage bleibt jedoch: Könnten
die Methangaswolken derart hoch aufsteigen können, dass sie auch
Flugzeuge gefährden? Bis heute haben Wissenschaftler darauf keine
Antwort gefunden. Doch kommt es im Bermuda-Dreieck tatsächlich zu
mehr Unfällen als anderswo? Die U.S. Navy hält das für fragwürdig:
Sie ist der Ansicht, dass im Bemuda-Dreieck trotz aller geografischen
Besonderheiten nicht mehr Schiffe gekentert sind als auf anderen
Meeren. Stürme, Piraten, technische Probleme oder schlicht
menschliches Versagen hätten schon immer zu Untergängen geführt.
Auch der US-amerikanische Autor und Pilot Lawrence Kusche hatte schon
früh Zweifel an den Legenden, die sich um das Bermuda-Dreieck
rankten. Er überprüfte nicht nur sämtliche vorliegenden Berichte,
sondern flog die Strecke des Todesflugs „Flight 19“ auch selbst
ab. Unter anderem stellte er fest, dass sich viele der geschilderten
Unglücke keineswegs im Bermuda-Dreieck ereignet hatten, sondern
irgendwo über dem Atlantik. Also alles nur ein Mythos? Die Frage,
was mit „Flight 19“ oder spurlos verschwundenen Schiffen wie
der„Marine Sulphur Queen“ geschah, kann trotz aller
Forschungsarbeit immer noch nicht beantwortet werden. Ob magnetische
Anomalien, Monsterwellen, Methangasblasen oder Seemannsgarn, restlos
gelüftet ist das Geheimnis des Bermuda-Dreiecks bis heute nicht. Die
berüchtigte Region beflügelt also weiterhin die Phantasie der
Menschen – und fordert die Wissenschaft.
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